Was für ein Segen diese Auszeit war! Ungeplant und auch nicht unbedingt erwünscht. Aber in der Rückschau hat sie sich als genau das erwiesen, was wir zu diesem Zeitpunkt unserer Reise gebraucht haben. Wir haben geschlafen, gegessen, in der heißen Badewanne gelegen, vorm Kamin gesessen. Alle acht Harry Potter-Filme in drei Tagen geguckt. Gequatscht, Quatsch gemacht, Musik gehört – richtig gehört, und nicht nur im Hintergrund laufen lassen! -, Wein und Whisky getrunken. Jeden Abend ein Meer von Kerzen angezündet. Träume und neue Ideen gesponnen. Die alten Ideen und die ersten Wochen im Bus und auf Reisen noch mal in Ruhe betrachtet. Stundenlang gelesen (ich) oder programmiert (Nico). Gemeinsam Dinge allein gemacht und es genossen, zusammen und doch jeder in seiner Welt zu sein. Wir waren viel zu wenig draußen und haben viel zu viele Kekse gegessen. Das Sofa hat jetzt Brit- und Nico-fömige Dellen – wir haben alles aus der Villa rausgeholt!
Und so langsam sind die Batterien wieder voll – wir haben erst in diesen langen Wochen des Stillstands gemerkt, wie erschöpft wir eigentlich waren, als wir losgefahren sind. Motiviert, mehr als ungeduldig, dass es endlich losgeht – aber auch echt k.o. von den anstrengenden Monaten vor der Abreise. Jetzt fühlt es sich fast an, als würden wir die Reise ein zweites Mal beginnen: ausgeruhter, mit optimiertem Bus und – das gilt zumindest für mich – mit hoffentlich mehr Geduld und weniger Erwartungen daran, dass wir dieses neue Leben doch bitte mit links zu meistern haben (haben ja schließlich lange genug vorher darüber nachgedacht) und dass auch ja alles so läuft, wie ich es mir vorher vorgestellt habe (Nico ist nicht halb so anfällig wie ich für solche Erwartungen, aber ich bin leider ein schrecklicher Sturkopf und denke immer, ich weiß es besser als er, anstatt einfach mal seinem guten Beispiel zu folgen…)
Wir haben Pläne. Und sind gleichzeitg schon jetzt darauf eingestellt, dass die so nicht hinhauen. Aber dann fällt uns schon was anderes ein, also erstmal los. Wir wollen am 7. Januar, auch wenn der Lock-Down sehr wahrscheinlich über dieses Datum hinaus verlängert wird, wieder in den Bus ziehen und losfahren. Möglichst ab vom Schuss, ins Hinterland der Ostküste des östlichen Peleponnes-Fingers (keine Ahnung, ob die einen Namen hat, jedenfalls liegen da Leonidio und Monemvasia und die Wettervorhersage verspricht Sonnenschein und milde Temperaturen). Wir wissen nicht, ob das hinhaut oder ob wir angehalten und gefragt werden, weswegen wir unterwegs sind (dann haben wir ein Problem und 600 Euro weniger). Aber wenn wir’s nicht ausprobieren, werden wir’s auch nicht rausfinden. Und wenn es sich nicht gut anfühlt und wir das Gefühl haben, unser Gastland mit unserem Verhalten vor den Kopf zu stoßen, können wir uns ja jederzeit wieder eine feste Unterkunft suchen oder einen der wenigen Campingplätze ansteuern, die ganzjährig geöffnet sind.
Soweit der Plan. Wir werden also in den nächsten Tagen unser ganzes Zeug zurück in den Bus räumen (ich könnte mich totlachen, dass ich bei der Abreise gedacht habe, jetzt müsste ich endlich mal ein paar Jahre lang nicht mehr irgendwo ein- und ausziehen…), die Annehmlichkeiten unseres schönen Hauses bis zur Neige auskosten – und dann los! Und wenn alles schiefgeht, greift dieser schöne Satz, den Nico neulich irgendwo gefunden hat: „Das Abenteuer beginnt, wo Pläne versagen.“