Wie um mein undankbares Genörgel von gestern Abend Lügen zu strafen, haben wir heute einen Traum-Reisetag. Auch wenn es beim Aufwachen erstmal nicht danach aussieht: Unser Bus schwimmt in dickem Nebel, draußen ist alles nass vom nächtlichen Regen, und wir bekommen schon um 7.30 Uhr Gesellschaft von einem Tansporter, aus dem zwei Typen mit Knarre über der Schulter steigen. Jäger. Die sich nicht die Bohne für uns oder unseren Bus interessieren, sondern sich warm einpacken und lautlos im kalten Wald verschwinden.
Wir beschließen, einen schnellen Start hinzulegen: Als wir gestern die gewundene Bergstraße hoch gefahren sind, hingen an mehreren Stellen Schilder, dass die Straße heute zwischen 9.00 und 11.30 Uhr wegen einer Autorallye gesperrt wird. Kaum vorstellbar in dieser idyllischen Ruhe. Aber da wir eh wach sind, müssen wir es auch nicht herausfinden. Schnell einen Kaffee und los – und dann ist es plötzlich da, das berauschte Reisegefühl. Die Sonne bricht sich ihren Weg durch den Nebel, wir fahren hinab und hinab in ein reizendes Tal mit verstreuten Dörfchen und Kuhweiden. In den Bäumen und über den Wiesen hängen zarte Dunstschleier und glitzern im Morgenlicht, dann tut sich ein riesiger blauer Bergsee vor uns auf, an dessen Ufer sich kleine Ortschaften schmiegen. Die Berge ringsum haben die Formen organischer Bauklötze: manche lang und quaderförmig, andere rund und knubbelig, einer sieht aus wie eine Pyramide. Wir fahren weiter, kommen durch kleine Städte, die vor morgendlicher Geschäftigkeit summen. Gestern, als wir durchs Jura-Gebirge gefahren sind, haben wir kaum eine Menschenseele gesehen. Die wenigen Orte sahen rau und müde aus, die Landschaft verlassen und von stiller Schönheit. Heute das genaue Gegenteil, alles wirkt lebendig und und üppig. An einer schmucken Kirche halten wir nach etwa zwei Stunden an und machen Frühstückspause. Sitzen auf einer Bank in der Sonne – und in dem Moment ist es gut, so wie es ist. Ich denke nicht vor und nicht zurück sondern genieße einfach diesen Prachttag. Geht doch.
Für den Rest des Tages steuern wir das Büsschen durch eine ähnlich zauberhafte Kulisse. Nur zum Fotografieren haben wir kaum Gelegenheit, da sie auf dieser Route offenbar das ganze Geld ins Panorama gesteckt haben und für Seitenstreifen nichts mehr übrig war.