Endlich sieht man Fortschritt! Meine Erkenntnis aus den letzten fünf Wochen: Busausbau ist nix für ungeduldig Leute. Vor Weihnachten habe ich mich noch gefühlt wie eine Super-Handwerkerin, innerhalb weniger Tage hatten wir die alte Holzverkleidung aus dem Bond gerupft, die Wände der Karosserie in stundenlanger Schrubberei mit Kleberlösung und Alkohol von den Rückständen der alten Dämmung befreit, eine Unterkonstruktion aus Holzlatten für den Boden gebastelt und diesen neu gedämmt. Jeden Abend konnten wir sehen, was wir am Tag geschafft hatten. So ging es in der ersten Woche des neuen Jahres weiter: Wir haben die großen Flächen an den Wände mit Armaflex gedämmt und dessen dicke, schwarze Präsenz auf der weißen Karosserie war mir sichtbarer Beleg für unser Vorankommen. Und dann begann die Mühsal der Ebene. Spontan eine zweite Bodenplatte besorgen und zuschneiden, da die vorhandene so dünn war, dass sie sich bei jedem Schritt durchgebogen hat; die Diesel-Standheizung einbauen (eine mehrtägige Fummelarbeit mit Löcher in den Bus bohren, Schläuche und Rohre unter dem Fahrzeug verlegen und den ganzen Summs an Batterie und Dieseltank anschließen – und das alles erst, nachdem wir stundenlang den perfekten Platz im Bus für die Heizung gesucht und uns Gedanken über die Position der Luftauslässe gemacht hatten); kleine Ecken mit dünnem Isolierband dämmen, die Löcher in der Karosserie für den Frischwasser-Füllstutzen, den Landstromanschluss und die Zwangslüftung entrosten und neu lackieren, die der Bastel-Heini von der Polizei Baden-Württemberg (der Vorbesitzerin unseres Sprinters) mit wenig Sorgfalt und vielen scharfen, nicht entgrateten Kanten vor 25 Jahren da hingepfuscht hat; das GFK-Dach von Glaswolle-Resten befreien – ein hartnäckiges Teufelszeug, dessen fiese kleine Fasern wir bis heute immer mal wieder irgendwo in die Klamotten kriegen; die Wände mit Autofilz bekleben – ein Teufelszeug ganz anderer Güte, das vor allem an meinen Fingern klebt, sich bei jeder Gelegenheit in Falten legt und mich zu kapitalen Wutanfällen treibt; die Bordbatterie unter dem Fahrersitz unfallfest verbauen und für alle Abnehmer vorbereiten; und vor allem ganz viel Nachdenken. Irgendwie hatte ich geglaubt, dass wir die meiste Denkarbeit bereits in Madrid geleistet hätten. Weit gefehlt. Trotz sorgfältiger Planung und der Tatsache, dass wir bereits zum zweiten Mal ein Fahrzeug ausbauen, müssen wir vor jedem Schritt noch mal neu überlegen. Uns mit Details befassen, die wir in der Theorie gar nicht auf dem Schirm hatten. Ausprobieren und wieder verwerfen – meine persönliche Nemesis, nichts finde ich schlimmer, als eine sicher geglaubte Lösung wieder aufgeben und von vorne anfangen zu müssen. Wäre Nico nicht so ein penibler Handwerker mit Qualitäts- und Sicherheitsstandards, die sämtliche TÜV-Prüfer vor Neid erblassen lassen, ich würde unseren Bus vermutlich an vielen Stellen genauso so hinzuhuschen wie der Bastel-Heini der Polizei Baden-Württemberg…
Fünf Wochen lang bin ich abends mit dem unbefriedigten Gefühl ins Bett gegangen, dass man kaum was sieht von unseren Fortschritten, dass wir uns in Schrauben, Klebestreifen, Kabeln, Sicherungen und anderem Kleinkram verzetteln und der Bus einem abfahrbereiten Zustand keinen Schritt näher kommt. Gestern nun haben wir das erste Möbelstück gebaut: Im Rohbau unserer Karosserie steht jetzt ein Kasten aus Holzlatten, die Basis unseres Bettsofas – und ich bin glücklich! Endlich wird das Leben im Bond greifbar! Ich liege auf dem provisorisch ausrollten Lattenrost auf dem halb fertigen Bett, schaue hoch zur rechteckigen Aussparung in der Dämmung des Daches, in die später das Dachfenster eingelassen wird, und sehe uns unterwegs. Stelle mir vor, wie ich hier liegen werde, über mir der Sternenhimmel der Atacama-Wüste oder vor der Schiebetür die Canyonlands. Stelle mir vor, wie ich mit dem Laptop auf der Couch sitze und arbeite, abends mit Nico eine Film gucke oder ihm beim Daddeln auf der Switch zuschaue. Kurz nach rechts in den Kühlschrank greife, ohne dafür erst den Einbau abräumen zu müssen (eine der vielen Umständlichkeiten, die wir in Mr. Norris in Kauf genommen haben, um in seinem engen Bauch wohnen zu können). Das wird so gut!! Wir haben immer noch keinen Plan, wann und wo genau es losgehen wird, wie unser erstes Ziel aussieht (Nordamerika im Frühjahr, soviel ist klar. Mehr aber auch nicht) und wie wir die zwei Wochen gestalten, in denen der Bond auf dem Containerschiff über den Atlantik schippert. Aber seit das Bettgerüst da steht, fühlt sich der nächste Teil der Reise plötzlich sehr real an.